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Wenn die Familie streikt..

 Quelle Bild: https://frauenstreik2019.ch/de/startseite-2/ueber-uns/appell-manifest/

Ich bin Hausfrau und werde am 14. Juni streiken. Meine Familie macht mir ein grosses Geschenk und streikt mit mir mit. Also wir alle fünf in violett heben die Fäuste in die Luft. Das wird ein Fescht. 

 

Vorab wird zu Hause viel darüber gesprochen, es werden Vorbereitungen getroffen und ja, wir diskutieren auch immer wieder unsere Forderungen. Der Streik ist somit nicht einfach nur meine Sache, es ist auch die Sache meiner Männer, er ist eine Familiensache. Es geht um einen Systemwandel, der dringend nötig ist und uns alle betrifft, egal ob weiblich oder männlich. Alle diejenigen, welche behaupten, man solle Gleichberechtigung in den eigenen vier Wänden klären (sorry Maria Brehmer, aber i can't), scheinen auf dem Mond zu leben. Loset Frauen, sind wir uns mal einig das unsere Grossmütter und unsere Mütter für die Emanzipation gekämpft haben? Dafür, dass wir uns nicht über unsere Männer definieren, dass wir uns nicht vorzuschreiben haben, was wir tragen sollen und wie wir uns zu verhalten haben. Es wurde für Bildung, Verhütung, Freiheit, Stimmrecht und Eigenständigkeit gekämpft und in unseren Breitengraden ist dieser Kampf ziemlich gut vorangekommen - nei, nid aues isch schlächt. Unser Leben und unser Körper gehören uns. Wir dürfen entscheiden, uns bilden und wir definieren uns nicht mehr über unsere Partner. So. Es geht nicht mehr nur darum, dass wir uns nicht von Männern unterdrücken lassen wollen. Leute: Unsere Männer sind die Söhne derer, die für all das gekämpft haben. Könnsch? Ich denke, die habens kapiert (OK, nid aui, aber Ausnahmen bestätigen die Regel..). Sie wollen mitziehen, mittragen und übernehmen. Auch sie sind Opfer dieses Systems.

 

Wie können unsere Männer in einer Gesellschaft, welche eben Frauen, bzw. Familien grundlegend benachteiligt, es uns Frauen recht machen? 

 

Wir sprechen von Unterstützung in der Berufstätigkteit, von Elternzeit, von Altersvorsorge von unseren Sozialversicherungen, der Heiratsstrafe und den Konkubinatsverträgen. Wir sprechen davon, dass Frauen weniger verdienen und sich das auf das Haushaltsbudget niederschlägt, das die Kinderbetreuungskosten horrend sind und es noch immer zu wenig Möglichkeiten gibt in einem reduzierten Pensum zu arbeiten. 

 

Daheim streiken bringt nichts.

 

Wir (Haus-)frauen (run the world, GRATIS) streiken nicht wegen unserer Lieben. Ich werde meine Kinder genauso durch den Tag begleiten, wie an anderen Tagen auch. Ebenso werde ich die Wäsche machen und kochen. Gangpapa wird wie geng beim Wäsche wegräumen helfen und die Küche machen. Er wird auch wickeln und Kinder duschen, weil wir ein sehr gleichberechtigtes Leben führen und er das an andern Tagen auch tut. Ich streike zu Hause nicht, weil ich es erstens nicht muss und zweitens von mir abhängige und unschuldige Menschen direkt davon betroffen wären, was will ich nicht.  

 

Auf die Strassen mit uns!

 

Aber das System, die Gesellschaft, und all jene, welche noch immer nicht glauben, dass ohne uns Frauen und viel Gratisarbeit alles still stehen würde, die schulden uns was. Ich hatte eine Zeit der Ausbildung, eine in der ich arbeitstätig war, nun nehme ich meine Verantwortung als Mutter wahr und will anständige Menschen grossziehen, damit ich möglichst bald wieder voller Elan und mit einer ganz neuen Sichtweise aufs Leben in die Berufswelt einsteigen kann. Es ist nicht gerecht, dass wir (Frau oder eben Mann) durch eine tiefere Rente bestraft werden, wenn die Fremdbetreuungskosten der Kinder doch so hoch sind und eine Erwerbstätigkeit unrentabel macht. Es ist nicht gerecht, dass wir Mütter früher nichts durften und heute alles müssten: Für weniger Lohn arbeiten, für unsere Kinder die beste Montessori Mama sein und gleichzeitig auch noch mit einem perfekt organisierten Haushalt führen und mit dem Körper eines unrealistischen Ideals glänzen zu können. Es scheint, als sei mit der Unabhängigkeit ne Tonne mehr Verpflichtungen auf uns geladen worden. Und nein, meine Ausbildung ist nicht Geld, welches zum Fenster hinausgeworfen wurde, weil ich jetzt "nur" Hausfrau bin und mich dem Druck, nein, der Erpressung entziehe für keinene Gegenwert noch mehr zu leisten. Höret, mein Körper darf wohlgenährt sein auch wenn es nicht in euer Bild der perfekten Frau passt und mein Geist darf sich ermüdet zeigen ob all den Ratschlägen und der Diskussion über mein weibliches Rollenbild. Ich streike!

 

Es geht um Entschleunigung, JETZT!

 

Aber glaube nicht, dass ich nur für mich streike. Ich streike auch für die Männer, welche vieles daran setzen, die Frauen in ihrer Unabhängigkeit und Abhängigkeit (Hausfrauen) zu unterstützen. Diejenigen Männer, welche der Familie zu Liebe zu Hause bleiben oder ihr Pensum reduzieren, welche unbezahlten Urlaub nehmen um ihre Partnerinnen nach einer Geburt zu unterstützen und den neugeborenen Menschlein, unserer Zukunft,  einen würdigen Start ins Leben zu ermöglichen. Für all die Männer, welche von der Arbeit nach Hause kommen und nach dem Abendessen die Küche machen, für all jene, welche am Wochenende mit anpacken und die Kinder dabei haben. Ich streike für die Investition in eine hoffentlich bessere Zukunft. Für unsere Kinder, unsere Töchter und Söhne und vielleicht sogar für das ganze weltliche Dasein. Denn es geht um Entschleunigung, Achtsamkeit, Liebe, Respekt und auch um Verantwortung und Fleiss in einer schnelllebigen Zeit, in welcher uns einiges zu entgleiten scheint. Es geht darum, dass man lernt zu akzeptieren, dass alles seinen Moment hat, dass der "Lauf der Dinge" eben Realität ist und wir Frauen und Männer nicht immer alles gleichzeitig leisten können, aber Geleistetes immer seinen Wert hat und anerkennt gehört.

 

Kein ANTI Männer - Streik

 

Es geht nicht nur um kurze Röcke oder darum, wer kocht. Es geht darum wie wir alle unser Leben gestalten dürfen. Ich demonstriere nicht  gegen das von Männern geschaffene Patriarchat, das ist mir zu wenig, zu plump. Ich möchte, dass mein Partner die Möglichkeit hat mich genau so zu unterstützen wie ich ihn. Ich möchte nicht, dass Männer für ihr Teilzeitpensum gelobt, während Hausfrauen ständig gefragt werden, was sie denn den ganzen Tag über machen würden.  Ich möchte, dass endlich anerkannt wird wieviel (Familien-) Arbeit unbezahlt und ungesehen bleibt, dass nicht erwerbstätige Mitglieder der Gesellschaft nicht wie  Aussetzige angesehen werden. Dass Männer heute mehr machen als nur Geld verdienen und wir Frauen mehr leisten als nur den Haushalt zu führen. Dies ist nicht per se ein Problem, welches von Männern erschaffen wurde, es sind Zeugen einer Gesellschaft im Wandel und das Problem ist ein System, welches sich nicht mitverändert.

 

Deshalb: Männer und Frauen Fäuste hoch! 

 

So lasst uns solidarisieren für mehr Unterstützung. Wir wollen würdevolle Leben, Rechte, wir fordern Unterstützung und Anerkennung. Zückt violett und bekennt Farbe. Du musst nicht alles stehen und liegen lassen. Hänge eine Flagge auf, trage die Farbe des Frauenstreikes, bestelle dir einen Button oder sensibilisiere dein Umfeld.  Es geht uns alle etwas an, weil es unser aller Leben zu einem besseren machen könnte. 

 

Und jetzt lasst von euch hören. Gehst du an den Frauenstreik? Nimmst du deine Liebsten mit? Wenn nein warum? Findest du, dass das Streikrecht nur uns Frauen vorbehalten ist oder schätzt du es, wenn Männer sich für unsere Rechte einsetzen? Findsch meine Meinung brätschhohl? Lasset uns diskutieren, ich bin so gespannt.

 

 

Anmerkungen:

 

Für all diejenigen, welche nicht genau wissen, wofür wir das alles machen hier kommst du zum Manifest des Frauenstreikes 2019!

 

Wer für den Freitag kein Hüeti hat, am 14. Juni 2019 10.30 sind alle mit Kind und Kegel zum Kinderwagen - Umzug eingeladen. Kommet in Scharen meint die Hausfrau... #zämesimerviu

 

Alle weiteren Infos findet ihr auf https://frauenstreik2019.ch.

 

WICHTIG:
Ich gehe in meinem Beitrag auf sehr viele unheimlich wichtige Punkte nicht ein: Sexuelle Gewalt, kriminalisierte Unterdrückung von Frauen durch erzwungene Sexarbeit, Belästigung, diskriminierende Bezeichnungen und darauf, dass es noch immer Männer und Frauen gibt, welche glauben, dass wir Frauen an den Herd gehören und es uns da gut zu gehen habe. Diese Themen sprengen den Rahmen des Familienblogs, sind aber in keinster Weise unwichtig. Ich solidarisiere mich mit allen Frauen auf dieser Welt, welche eine oder mehrere Formen von Unterdrückung auf Grund ihres Geschlechtes erleben. NO GO! You matter and we fight for you!

 

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