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Vater sein ist genau dasselbe wie Mutter sein? NO WAY!

„Vater ist genau dasselbe wie Mutter sein!“ Wait WHAT? Also, wenn ich die Werbung des Berner Generationenhauses richtig verstehe, kommt dieser Satz von Herrn Markus Tschannen. Tschannen seinerseits Blogger und Kolumnist ist ja ein was unsere Anlieger bezüglich der Familienpolitik betrifft ein Gleichgesinnter und ich oute mich hier als eine Leserin, welche seinen Texten meist was abgewinnen kann. Aber Freund, Fellowfamilienmensch: Meinst du das ernst? 

 

Herr Tschannen möchte in diesem Satz wohl auf die Familiären Strukturen ansprechen, welche natürlich unser Familienbild und die Beziehungen prägen. Dennoch geht es gerade doch nicht darum die Rolle des anderen einzunehmen, sondern die des Vaters neu zu definieren. 

 

Dieses Jahr haben wir Frauen gestreikt. Wir sind auf die Strassen, um gesehen zu werden, damit unsere Arbeit anerkannt  und endlich verstanden wird, dass wir - Mann und Frau NICHT gleich sind und die Gesellschaft nicht auf die Arbeit der weiblichen Mitbürgerinnen verzichten kann. 

 

Gleichberechtigung, fordert gleiches Recht, richtig. Im Falle des Feminismus das Recht darauf Frau sein zu dürfen ohne benachteiligt zu sein. Und dann lese ich so einen Satz. Potzdonner! Darf ich als Frau also nicht mal mehr Mutter sein, gopfer? Welche Brunzherrschaft wollt ihr Männer denn noch an euch reissen? Dasch einfach eine wenig feministische Aussage Herr Tschannen. Wenn wir grad auf die Schiene gehen, könnte ich bös behaupten, dass ein Mann in zwei Minuten zum Vater werden kann ohne auch nur ein Hauch der Veränderung in seinem Leben zu erfahren. Nach der gleichen Zeit sind  die nächsten vierzig Wochen vorherbestimmt. Ja klar biologisch betrachtet, aber hier geht es mir imfall ein Stück weit um die Biologie, denn diese kann auch die Gleichberechtigung nicht wegzaubern. Während die Frau bereits nach der Befruchtung Mutter ist, kann der Vater auf Weltreise ohne auch nur zu wissen, dass er Vater ist. 

 

Ich weiss ha, worauf er mit diesem Satz hinaus will, aber meine Scheidennarbe, mein mehrmals gerissener Damm, meine nicht mehr so straffen Brüste und mein schwabbeliger Bauch allein sind bereits Beweise dafür, dass „Vater sein“ nicht genau das selbe wie „Mutter sein“ ist. Alleine die physischen Nachwirkungen spüre ich noch heute über zwei Jahre nach der letzten Geburt, nicht zu sprechen von den beruflichen, sozialen und emotionalen Folgen, welche die Mutterschaft für mich hatte. Aber he, my live still goes on. Trotz eines - im Rahmen seiner Möglichkeiten -  unterstützenden Partners, muss ich meinen Scheiss geregelt kriegen – in eben allen Bereichen. Ein Papa aber kommt recht unbeschadet davon, ist vielleicht hoffentlich und höchstens zeitlich eingeschränkt und eventuell emotional etwas mitgenommen. #dontshamepapas

 

Ich habe 6 Jahre lang keine Nacht durchgeschlafen, mein Partner wohl etwa 2 Jahre. Sicher auch, weil hier die Regel galt „Einer muss ausgeschlafen sein und Mutti stillt nun mal“ also gar kein Vorwurf an den Vater meiner Gang.  Trotzdem, in den ersten Jahren war ich die Trösterin der Wahl, wahrscheinlich schon allein des Stillens wegen, sicherlich auch wegen unseres Familienmodels. Aber wenn es darum ging dass ein Kind eine Hürde nehmen wollte, musste ich immer Händchen halten, weil Mama eine Zeit lang noch immer näher war. Ich schreibe „war“, ja, denn das hat sich nahdisnah verändert. Der Lauf der Dinge eben. Während dessen hat der Vater der Kinder übrigend nicht gechillt, er hat sich um den nicht unbeachtlichen Rest der Familienarbeit gekümmert. 

 

Man kann den grössten Teil der Einschränkung aufs Stillen schieben. Ich persönlich spürte in den ersten Jahren immer noch sehr stark die Verbindung, welche ich mit meinen Kindern während der Schwangerschaft hatte. Das konnte beispielsweise ein Schluckauf sein, welcher immer zur gleichen Zeit auftrat, der Schlafrhythmus, welcher noch Jahre danach genau gleich war wie im Bauch oder Situationen, bei welchen ich mich noch genau erinnere, dass der Bauchbewohner sich darüber nicht so freute. Diese Tatsache verhalf mir zu viel Verständnis für meine Kinder. In Situationen, in welchen Gangpapa sich hintersinnte, wusste ich bereits woher der Wind wehte. Nein, er ist deswegen nicht ein schlechter Vater, es sind schlicht die biologischen Gegebenheiten welche den Start so mitbestimmen. Mutter und Kind sind ab dem ersten Tag ziemlich eingespielt, das beweisen auch viele Studien, denn da helfen ganz viele Muttihormone mit. Und der Ablösungsprozess zwischen Mutter und Kind ist mit der Geburt nicht einfach abgeschlossen. Ich möchte erst gar nicht, dass das von uns Frauen und Müttern erwartet wird, weil Väter auch Mütter sein können.

 

Mama werden, ist ein Prozess, der körperlich zwar ein wenig vorbestimmt ist. Jedoch wirken auch viele unbekannte Gefühle auf diese Entwicklung ein. So zeichnet sich vieles erst nach der Geburt ab. Ich hätte mich vorher nicht als Langzeitstillende gesehen, aber hatte Glück einen so unterstützenden Partner an meiner Seite zu wissen, welche die Vaterrolle super einnehmen konnte. Er hat uns bekocht, den grösseren Teil der Hausarbeit übernommen, und ein stillfreundliches Familienbett gebaut, er war mit den grossen Kindern auf Entdeckungsreise und hat uns, Mama und Kind, soviel Zeit gelassen wie wir benötigten um uns gegenseitig kennenzulernen und doch sanft loszulassen zu können. 

 

Was die Kinder brauchen, ist nicht einfach an einem Begriff  festzumachen. Aber wenn ihr, liebe Männer das denkt, dann definiert euren doch einfach. Und ich gehe mit Herrn Tschannen einig, dass ein Kind gut aufgehoben sein kann, wenn es nicht bei seiner leiblichen Mutter ist. Denn ein Kind benötigt Essen, Zuwendung, Pflege und vor allem Liebe. Das könnt ihr Väter bestens. Also seid Väter, nicht Mütter! Definiert die Bedeutung von „VATER“ neu. Seid liebevoll, unterstützend, lustig, hilfsbereit, seid wer ihr seid mit und in eurer männlichen, väterlichen Kraft. Dass ihr euch stark macht, ist wichtig, damit die Welt versteht, dass auch Väter ihre Kinder begleiten und betreuen können. Dass es dafür beispielsweise nicht zwingend eine Mama braucht und gleichgeschlechtliche Paare sehr wohl gute Eltern sein können. Zeigt, wie viel Gutes ihr den Kindern mitgeben könnt, aber lasst uns die Mutterschaft.

 

Zum Schluss möchte ich hier noch anbringen, dass ihr Väter uns zu besseren Müttern macht, indem ihr verantwortungsbewusst und präsent seid. Wir Mütter wollen Mütter sein dürfen. Weder möchten wir dem patriarchalisch geprägten Bild folgen müssen, noch vom modernen Vaterbild weggedrängt werden. Wir wollen sein, dafür braucht es euch.

 

So und jetzt: Alle am 19. November dahin um mal zäme über den Kram reden! 

 

Säg wie siehst du das? Wie heilig ist die Mutterkuh?

 

Anm.: 

Eine Mutter zeichnet sich natürlich nicht nur dadurch aus, dass sie ein Kind ausgetragen hat oder stillt. Du bist eine Mama, wenn ein Kind dich liebt wie eine! Und für alle Papas da draussen: Schön, dass es euch gibt! 

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Kommentare: 3
  • #1

    Markus Tschannen (Dienstag, 19 November 2019 13:35)

    Hallo Key,
    danke für deine Kritik, die ich in Teilen durchaus nachvollziehen kann. Ich sehe Präzisierungsbedarf für meine Aussage. Selbstverständlich will ich Müttern oder vielmehr gebärenden Menschen nichts wegnehmen. Bis und mit Geburt ist es zweifellos ein grosser Unterschied, ob man ein Kind selber ausgetragen hat oder nicht. Danach aber ist die Ausgesaltung uns Eltern überlassen. Was ich sagen will: Ab der Geburt können sich Väter genauso für die Familie ins Zeug legen wie Mütter. Es gibt kein Naturgesetz, das dem Vater verbietet, nachts zum Kind zu schauen, es genauso gut zu trösten wie die Mutter, sich um medizinische Termine zu kümmern und eine enge Bindung aufzubauen. Ich wehre mich gegen die Sichtweise, Väter seien eine "maskuline Ergänzung" zu Müttern. Die Mütter als die fürsorglichen Familienmanagerinnen, die Männer als die wilden Kerle, die ihre Kinder abhärten oder bei Bedarf mit den Fäusen beschützen. Ich bin nicht daran interessiert auf gesellschaftlicher Ebene die Vaterrolle neu zu definieren. Ich setze mich dafür ein, dass alle Väter und Mütter ihre Rolle so ausleben können, wie es ihrer Persönlichkeit entspricht. Mehr Individualität, weniger Stereotyp.
    Liebe Grüsse
    Markus

  • #2

    Key and the Gang (Mittwoch, 20 November 2019 15:28)

    Hallo zurück
    Ich verstehe worauf sie hinauswollen. Mein Partner und ich haben das lange diskutiert (er war in der Diskussion Markus Tschannen und ich konnte nicht mal in Ruhe duschen, so ernst war es ihm..) und sind dann zum Schluss gekommen, dass in diesem Falle Mutter und Vater als Begriffe abgeschafft gehören und man nur noch von Eltern sprechen sollte. Ich gestehe, meine Brüste und mein Uterus finden das mässig in Ordnung, aber ja - so sehr ich finde, dass mir als gebärdender Mensch mega viel Bedeutung beigemessen werden sollte, empfinde ich im Grunde doch gleich wie du. Natürlich können Väter all das was du beschreibst. Eltern definieren ihre Elternschaft selbst, aber die biologische Komponente ist doch nicht wegzudenken, oder? Während ich stille, ging Gangpapa sicher zum Arzt und hat natürlich auch getröstet und eine enge Bindung aufgebaut. Aber das hat er als Vater getan und all das hat ihn doch nicht zur Mutter gemacht?
    Die Sache mit der Vaterrolle sehe ich deshalb nicht gleich wie du. Ich finde, alle Väter sollten daran interessiert sein, ihre Rolle auf gesellschaftlicher Ebene neu zu definieren. Das hilft euch, es hilft uns und vor allem Hilft es den Kindern und später mal der Gesellschaft.

    Aber he: Yeah mehr Individualität und weniger Stereotyp!
    Liebe Grüsse zurück
    Key

  • #3

    Markus Tschannen (Sonntag, 16 Februar 2020 21:31)

    Etwas spät noch vielen Dank für die Antwort. Vermutlich liegen unsere Positionen nicht weit auseinander. Ich finde ja auch nicht, "Väter sollen Mütter werden". Ich sage lediglich, Mütter und Väter müssen ihr elterliches Rollenverständnis nicht grundsätzlich unterschiedlich definieren. Sie können es im Einzelfall, wenn es ihnen ein Anliegen ist. Auf gesellschaftlicher Ebene sehe ich dafür aber keinen Grund.